Die Vorderseite der Pfarrkirche. Es ist folgendes zu lesen: „Anton Frank – Die Geschichte der Pfarrkirche BAD PIRAWARTH“.

Chronik der Pfarrkirche
zu St. Barbara und Agatha
in Bad Pirawarth

Mag. Anton Frank

Bad Pirawarth,

Originalversion




Vorwort

Die großzügige Außenrestaurierung unserer Pfarrkirche gab im Pfarrgemeinderat den Anstoß, die Vergangenheit dieses ländlichen Barockjuwels näher zu untersuchen. Mit dieser Aufgabe betraut, begann ich mit den Nachforschungen in der Pfarrchronik, wobei besonders die Eintragungen von Pfarrer Ferdinand Brait und Dechant Freystadtler wertvolle Angaben lieferten. Für die Zeit vor den Napoleonischen Kriegen gab es allerdings nur bruchstückhafte Hinweise von Dechant Eder. Interessante Aufschlüsse über die Pfarrherren und Ereignisse zurück bis zur Pfarrerhebung unter Ferdinand Ⅰ., fanden sich nach zeitraubenden Untersuchungen in den Passauer Protokollen und den Visitationsberichten des erzbischöflichen Archivs. Auch die niederösterreichische Landesbibliothek und das Landesarchiv lieferten manch brauchbaren Beitrag zur Aufhellung unserer Vergangenheit. Das umfangreichste historische Quellenmaterial über Pirawarth bis in die Anfänge der Siedlung wartet allerdings im Stiftsarchiv von Klosterneuburg auf seine Auswertung.

Der Großteil dieser Dokumente konnte nämlich für diesen Zweck nicht verwendet werden, da sie vorwiegend den Stiftsbesitz im Ort oder das dazugehörige Bad betreffen. Das Institut für Geschichte der Universität Wien stellte Kaufkraftvergleiche zur Verfügung. Den leitenden Herren dieser Sammlungen, die durch ihre freundliche Unterstützung diese Arbeit gefördert haben, – besonders Dr. Weissensteiner vom erzbischöflichen Archiv – sei dafür herzlichst gedankt.

Die Angaben über Michelangelo Unterberger – diesen bisher zu wenig beachteten Barockmeister – konnten durch die Zusammenarbeit mit Dr. Kronbichler vom Diözesanarchiv in St. Pölten wesentlich bereichert werden.


Die Babenbergerzeit ()

Das Hügelland des Weinviertels wurde von den tatkräftigen Babenbergern – ab 976 als Markgrafen eingesetzt – bald in Ihren Herrschaftsbereich einbezogen. Unterstützt von Klosterneuburg riefen sie bayerische und fränkische Siedler herbei, die diesen schon in der Jungsteinzeit ständig besiedelten Kulturboden wieder unter den Pflug nahmen.

Markgraf Leopold Ⅲ., der Heilige – verheiratet mit der Kaisertochter Agnes und Gründer von Klosterneuburg – gab den Ort Pirchinwart seinem Sohn Leopold. Dieser, nun schon Herzog, schenkte den Besitz kurz vor seinem Tod dem Stift Klosterneuburg. Herzog Heinrich Ⅱ. Jasomirgott erweiterte im Tauschweg gegen Tulbing die Schenkung um 10 Lehen. Leopold Ⅴ. trat auch alle weltlichen Rechte in Pirchinwart an Klosterneuburg ab.

Der Name des Ortes geht auf einen ins Tal des Weidenbaches vorspringenden Hangsporn zurück, der wahrscheinlich schon in keltischer und römischer Zeit als Wach- oder Wartberg (Tumulus? = kultische Stätte) Bedeutung hatte. Nun erhielt er diese Aufgabe gegen die Ungarn übertragen.

Durch Aufschüttung erweiterte man diese eigenständige Erhebung für die Anlage einer Kirche. Als Folge dieser Erdbewegungen entstand zwischen Kirche und der Anhöhe des jetzigen Friedhofs ein schützender Graben. Hinter dem Graben wurde eine mächtige Wehrmauer aufgeführt, die Kirche und Kirchhof umschloss. Hier fand die Bevölkerung in Not- und Kriegszeiten eine für Feinde schwer zugängliche Stätte der Zuflucht.

Die Nordseite der Pfarrkirche. schwarz-weiß.

Der Untergrund des Kirchenhügels besteht daher nicht nur aus „Tegel“ und sandigen Sedimenten des „Urmittelmeeres“ sondern teilweise auch aus wenig verfestigtem Schüttmaterial. Diese unterschiedlichen Erdschichten weisen aber gegenüber der Belastung durch das Kirchengebäude eine sehr ungleiche Tragfähigkeit auf, sodass es im Laufe der Zeit zu Setzungen und Rissen im Mauerwerk kommen musste.

Erste Angaben über eine Kirche finden sich im Archiv des Stiftes Klosterneuburg, doch lassen andere Anhaltspunkte schon auf ein Gotteshaus vor schließen.

Während der Sanierungsarbeiten unter Pfarrer Brait konnten im Bereich „Innere Sakristei – Altarraum“ Rundmauerreste freigelegt und als Apsis dieser alten Kirche zugeordnet werden.

Den Siedlern im Mittelalter drohte ständig Gefahr durch den Weidenbach, der seinen flachen Talboden immer wieder weithin überschwemmte. Diesen Nachteil nutzten die Mönche zu ihren Gunsten und legten unterhalb des Ortes ausgedehnte Fischteiche an. Schon früh stieß man auf eine Heilquelle und erkannte ihre Wirkung, zumal sie die einzige bedeutende nördlich der Donau war und blieb. Nach Errichtung einer Badestube erfolgte auch bald wachsender Zuspruch nicht nur aus dem Bereiche des Klosters, sodass im Spätmittelalter eine Badeordnung herausgegeben wurde. Unterkunft gewährte das nahegelegene Herrenhaus, ein Vorläufer des späteren Kurhauses.

Dieser Verbindung zu Klosterneuburg verdanken wir zahlreiche Dokumente im Stiftsarchiv, die uns einen umfangreichen Einblick in die Vergangenheit gewähren. So beweist ein Auszug aus dem ältesten Urbar (= Besitzverzeichnis) über die Abgaben und Leistungen unseres Ortes schon dessen große wirtschaftliche Bedeutung für das Kloster. Pirchinwart bestand damals aus 36 Lehen, einem Doppellehen (stiftlicher Mayerhof) und zwei Mühlen (bei Kirche und Teich). Mühlen durften damals nur vom Grundherren betrieben werden.

Pro Lehen waren unter anderem folgende Abgaben zu leisten:
60 Pf. als Ablöse für Hand- und Spanndienste
11 Pf. als Ablöse für Fisch-, Honig- und Weidedienst bzw. Befestigungsdienste
1 kleines Schaffell
1 Schaf
2 Muth Korn
18 Metzen Hafer
9 Metzen Weizen
1 Schwein
Zu Ostern 3 Käse
30 Eier
Zu Pfingsten 3 Käse
2 Hühner
Zu Weihnachten 3 Käse
2 Hühner

Pro Mühle wurden zu und je 240 Pf. (= je 1 Talent) gefordert.

Ein Dokument aus dem Jahre liefert und die Erklärung, warum die historischen Quellen über Kollnbrunn wesentlich spärlicher fließen. Damals verkaufte Heinrich von Mödling, ein Bruder Leopolds Ⅵ., Kollnbrunn an Klosterneuburg, das damit seinen Besitz in Pirawarth abrunden konnte. Doch wurde dieser Vertrag nach dem Tode Heinrichs vom regierenden letzten Babenberger Friedrich Ⅱ., dem Streitbaren, nicht eingehalten. Im folgenden Rechtsstreit gewann Klosterneuburg für seine Ansprüche sogar die Unterstützung des Bischofs von Passau und des Papstes, doch Friedrich gab nicht nach. Erst Ottokar Ⅱ., der sich als Erbe der Babenberger fühlte, entschloss sich zu einer teilweisen Abtretung der Grundherrenrechte. Allerdings fiel nur der Weinzehent an Klosterneuburg. Der Großteil der „Grundholden“ (abgabepflichtige Bauernstellen) blieb weiterhin landesfürstlicher Besitz und die Abgaben wurden immer wieder für Kriegsdienste an getreue Gefolgsleute verpfändet. Somit trat ein ständiger Wechsel der Grundherren ein und wir verfügen über keine regelmäßigen Aufzeichnungen.

Einheit Abkürzung Größe Relativ zu
vorhergehender
Modernes
Äquivalent
Pfennig Pf. Währung - -
Talent - Währung 240 Pf. -
Metzen - Volumen - 61,50 ℓ
Muth - Volumen 30 Metzen 1.844,98 ℓ

Die Habsburger in Österreich (ab )

Über Pirawarth wissen wir aus dieser Anfangsphase der Habsburger-Herrscher wesentlich mehr, so konnte der tüchtige Pfarrer Dr. Petrus Reicher () die Berufung zum Professor und Rektor der Universität Wien erlangen. Auch ein Schulmeister lässt sich schon nachweisen. Die ruhige Aufwärtsentwicklung erfuhr allerdings immer wieder Unterbrechungen. So forderte mehrmals die Pest ihre Opfer, auch trieben nach die tschechischen Hussiten bis ins Weinviertel ihr Unwesen. Besonders große Not über die Bevölkerung brachte der berüchtigte Raubritter Fronauer. Begünstigt durch familiäre Streitigkeiten der Habsburger konnte er von der Schweinbarther Wehrkirche aus die Siedlungen der Umgebung brandschatzen und plündern, sowie die Straßenverbindung nach Wien willkürlich sperren. Erst nach mehrmonatiger Belagerung durch kaiserliche Truppen unter Heinrich von Liechtenstein gelang es, dieses Räubernest auszuheben. In dieser schweren Zeit boten die Wehrmauern der Kichre der Bevölkerung Schutz und Sicherheit, Hab und Gut ging allerdings großteils verloren.

Zeitalter der Reformation

In den bald darauf folgenden religiösen Wirren der Reformation musste Klosterneuburg die seelsorgerische Betreuung wegen Personalmangel zurücklegen. Pirawarth wurde nun als Vikariat der Pfarre Großrußbach unterstellt. Eine Visitation im Jahre erwies jedoch, dass der Ort schon 3 Jahre ohne Seelsorger auskommen musste. Auf Vorstellungen der Gläubigen und des Abtes Hintermayer von Klosterneuburg, der zu Kurzwecken im Ort weilte, und die religiösen Unzulänglichkeiten anprangerte, erhob der Landesherr, Ferdinand Ⅰ., Pirawarth wieder zu einer selbstständigen Pfarre unter landesfürstlichem Patronat.

Der eingesetzte Pfarrer Seydl war allerdings verheiratet und die Eheleute dem Trunk ergeben. Aufgrund von Beschwerden gelobte er dem bischöflichen Passauer Konsistorium Besserung, ist aber bald darauf „nach langer Weibsmarter selig in Christo entschlafen“ wie sein Bruder, Pfarrer in Spannberg, schrieb. Auch sein Nachfolger, Paul Schulz, galt als sehr widersprüchliche Person, zwar sehr strebsam aber wenig gebildet. Kein Wunder, dass Pfarrer Thumschütz ab im Ort über die Bewohner klagt, die nach ketzerischer Gewohnheit der Protestanten „haufenweise“ beichten wollen, statt die Ohrenbeichte anzunehmen. Während der Zeiten religiösen Streites konnten die Mängel in der Priesterausbildung kaum behoben werden, sodass immer wieder wenig taugliche Pfarrer eingesetzt, manche sogar ihres Amtes enthoben werden mussten. Erst kam mit Johann Veit Geilwitz aus Tulln ein Pfarrer, den schon der Bischof von Passau als tüchtigen Priester und Prediger kannte. Ihm und dem folgenden Johann Frei gelang es allmählich, die Schäden des Protestantismus am Glauben auszumerzen. Trotz dieser Besserung der religiösen Zustände verweigerte das Stift Klosterneuburg die Rücknahme des Patronates.

Der Dreißigjährige Krieg

Kaum neigten sich die Wirren der Reformation dem Ende zu – die Anzahl der Häuser war inzwischen in Pirawarth auf 97 gestiegen – wurden unsere Vorfahren den Heimsuchungen des Dreißigjährigen Krieges ausgesetzt: verheerten die böhmischen Rebellen unter Thurn besonders die Nachbarorte, trieben die Truppen des schwedischen Generals Torstenson hier ihr Unwesen. Wir können nur hoffen, dass Graben, Wall und Mauern der Wehrkirche diesen durchziehenden Kriegsscharen standgehalten haben und die Zuflucht suchenden Ortsbewohner vor dem berüchtigten „schwedischen Trunk“ (= Jauche) und anderen Kriegsgräueln bewahrt haben. Wenige Jahre vor Kriegsende wurde der verdiente Pfarrer von Pirawarth, Dr. Heinrich Schraeder von Kaiser Ferdinand Ⅲ. auch zum Generalvikar der Militärseelsorge ernannt.

Für unseren Landstrich bedeutete das Ende des Krieges allerdings noch nicht den Frieden und wirtschaftliche Erholung. Im Hochleithenwald hatten sich nämlich räuberische Söldner verschanzt. Sie bedrohten die umliegenden Orte und die Reisenden auf der Reichsstraße derart, dass der Kaiser ein ständig von Soldaten besetztes Wachhaus – „Kaserne“ genannt – zur Sicherung dieser Waldstraße errichten ließ und bis in Betrieb hielt.

Damals erfolgte auch mit Pfarrer Heinrich Ries aus Thüringen die Erhebung zum Dekanat Pirawarth. Die Plagen für die Bevölkerung nahmen jedoch noch immer kein Ende, musste doch die Türkengefahr abgewehrt werden und anschließend immer wieder mit Einfällen aufständischer Kuruzzen aus den ungarischen Reichsteilen gerechnet werden.

Die Zeit nach den Türkenkriegen

Pfarrer Goswin Fröling sah endlich die Gelegenheit gekommen, im Laufe der Zeit aufgetretene, schwere Bauschäden an der Kirche zu beseitigen. Mit Zustimmung des Passauer Konsistoriums – das Weinviertel gehörte bis wie große Teile Österreichs entlang der Donau zum Bistum Passau – gelang es umFl 3.500,– großzügige Reparaturen und Umbauten durchzuführen. Die Visitation von bescheinigt der Pfarre jedenfalls ein geräumiges, lichtes Gotteshaus mit Turm beim Altarraum, aber auch eine leere Kirchenkasse.

Nach den Türkenkriegen ergab sich auch für Kollnbrunn vorübergehend eine überraschende Änderung der Herrschaftsverhältnisse. Prinz Eugen, als Statthalter der Niederlande abgelöst, erhielt die Besitzrechte des Ortes übertragen. Er konnte sie jedoch bald mit dem landesfürstlichen Kastenamt gegen Groißenbrunn umtauschen, das ja neben seinen zukünftigen Sommerpalästen Schlosshof und Niederweiden lag. Der Weinbergzehent der 37 verschieden große Lehen von Kollnbrunn fiel nun wieder an die Pfarre Pirawarth, andere Abgaben waren z. B. an die Pfarre Schweinbarth zu leisten. Gemeinsam mit dem Weinzehent der 93 Lehensträger in Pirawarth trug diese Abgabe in besonders guten Jahren 500–600 Eimer Wein ein. Eine weitere wichtige Einnahmsquelle stellte die Kirchenmühle dar. Aus diesen mitteln konnte Dechant Josef Holler von Doblhof – aus Südtirol gebürtig – zwei Kirchenglocken anschaffen. Dann begann er, Kapital in Form von Kammeranleihen für den Neubau der Kirche anzusparen, denn das Gewölbe im Altarraum drohte einzustürzen. In seinem Testament widmete er der Pfarre noch Fl 1.000,– für die Anschaffung wertvoller Altarbilder. Auch Gaunersdorf musste einen finanziellen Beitrag leisten, wurde doch der Ortsteil Aigen bis seelsorgerisch von Pirawarth betreut.

Der Neubau der Kirche

Nach dem Tod von Pfarrer Doblhof fiel die Wahl auf Franz Anton Eder, geboren zu Rapottenstein, dem Stammsitz der Familie des damaligen Bischofs von Passau, Graf Abensberg. Eder wirkte vor seiner Amtszeit in Pirawarth als Pfarrer einer Gemeinde des Stiftes Klosterneuburg im Tullnerfeld. Seine Einsetzungsurkunde trägt die Unterschrift Maria Theresias. Dank dem angesparten Kapital konnte er den Neubau der Kirche vorbereiten und mit Unterstützung des kaiserlichen Hofes und Stift Klosterneuburg angesehene Fachleute dafür gewinnen.

So entwarf Baumeister Matthias Gerl aus Wien – Angehöriger einer erfahrenen Kirchenbaumeisterfamilie – als Architekt und Bauleiter die Pläne für die Kirche mit Altären, die originelle Beichtkapelle („Pfarrkappel“) und die reich gegliederte Westfassade mit dem eindrucksvollen Turmhelm. Gerl hat auch wesentlich Anteil an der Umgestaltung der Wiener Neustädter Burg. Von ihm stammen neben mach anderen Werken die künstlerisch bedeutenden Pfarrkirchen von Hainburg, Schwechat, Traiskirchen und wahrscheinlich auch der barocke Trumhelm von Mistelbach. Der Hofzimmermeister Ohnmaier trug die Verantwortung für die gesamten Dachkonstruktionen.

Der Rektor der kaiserlichen Kunstakademie, Michelangelo Unterberger (), stammte wie Troger aus Südtirol.

Während sich sein berühmter Studienkollege Paul Troger vor allem als Freskenmaler (Stift Altenburg, Stift Geras) weit über die Landesgrenzen Anerkennung verschaffte, widmete sich Unterberger vorwiegend dem Tafelbild in Ölfarben. Er wirkte vorerst als Altarbildmaler in Tirol (Brixen, Innsbruck), stand ab in Passauer Diensten und ließ sich in Wien nieder. Der weitgespannte Wirkungsbereich von Tirol über Passau bis Kremsier und Siebenbürgen mit Schwerpunkt Wien im letzten Lebensabschnitt (Altäre zu St. Stephan, St. Michael, St. Augustin) spricht für die überregionale Bedeutung auch dieses Meisters. Er schuf unsere Altarblätter noch in der ruhigen Art des Hochbarock. Der zentrale Einfall des Lichtes, die staffelartige Anordnung der Figuren und ihre bauschige Kleidung vermitteln die gewünschte räumliche Wirkung. Seinen Hauptpersonen ist ein milder Gesichtsausdruck zu eigen.

Das Martyrium der Hl. Barbara auf dem Bild hinter dem Hochaltar.
Martyrium der Hl. Barbara

Im Hochaltarbild – die Enthauptung der Hl. Barbara – erreicht er mit der für ihn ungewöhnlich dramatischen Darstellung des Martyriums einen Höhepunkt seines künstlerischen Schaffens. Der rechte Seitenaltar zeigt die 14 Nothelfer wie z. B. den Hl. Ägidius, die Hl. Barbara, den Hl. Blasius, die Hl. Margareta, den Hl. Vitus, den Hl. Rochus, unseren Patron des Kirchweihfestes und andere. Das linke Seitenaltarbild ist dem Martyrium der Hl. Agatha gewidmet.

Das Martyrium der Hl. Agatha auf dem Bild des linken Seitenaltars.
Martyrium der Hl. Agatha
Die 14 Nothelfer auf dem Bild des rechten Seitenaltars.
14 Nothelfer

Der Steinmetzmeister Steinböck aus Eggenburg lieferte das Kommuniongitter, die Altarrahmen, und könnte als Schöpfer so mancher Dreifaltigkeitssäule (z. B. Retz, Eggenburg) auch die Kreuzigungsgruppe an der Außenfront hergestellt haben.

Die Altarsäulen aus Eichenstämmen und die Altarfiguren (Hl. Leopold, Josef, Antonius, Florian) aus Stuck (Gipsmarmor) wurden gemeinsam mit dem Holzrahmen der Altäre durch Bemalung mit einer Marmorstruktur versehen.

Der Kirchenboden wurde mit Steinplatten aus Kelheim (bayerische Donau) ausgelegt. So entstand zwischen und eine wesentlich größere Kirche, deren Turm an die Westseite versetzt worden war, damit Kollnbrunn und Aigen-Gaunersdorf (Gaweinstal unterhalb des Baches) das Geläute besser hören konnten.

Im Inneren erstreckt sich die Kirche über 37 m Länge – das entspricht der Höhe des Turmes – die Breite beträgt 10,5 m, im Altarbereich 8,70 m. Ein mächtiges Gurttonnengewölbe überspannt in ca. 10,5 m Höhe das Langhaus, über schlanken Wandpfeilern wird es von den 1,4 m starken Außenmauern getragen. Den Altarraum hält eine flache Hängekuppel zusammen. Als Belastungsausgleich zum schweren Westturm wurden an den Altarraum ein Oratorium („Betkammer“) und die Sakristei symmetrisch angefügt und in das Kirchenmauerwerk eingebunden. An der Außenfassade verbinden zahlreiche Lisenen den Sockel mit einem mächtigen Kranzgesimse. Eine besonders reichhaltige horizontale und vertikale Gliederung zeigt die Westfassade. Über ein durchbrochenes Torbogenfeld und ein ovales Fenster erhebt sich eine Attika, gerahmt von Amphoren (Henkelvasen) aus Naturstein. Korinthische Flachkapitelle (Kapitell = oberes Ende von Pfeiler oder Säule) krönen die Lisenen (Lisenen = senkrechte Bänder in der Fassade) im Bereich der Turmfenster. Aus den Resten des alten Turmes wurde eine Beichtkapelle („Pfarrkappel“) errichtet. Sie erfreute sich besonders anlässlich des Barbara-Festes eines so regen Zuspruches, dass mehrere Priester für die Beichte erforderlich waren.

Weiteres Abbruchmaterial fand bei Reparaturen an Kirchenmühle und Pfarrhof Verwendung oder wurde an Ortsansässige verkauft.

Mit diesem umfangreichen Bauvorhaben waren das angesparte Kapital und die finanzielle Unterstützung des Hofes (insgesamt Fl. 11.000,–) verbraucht. Die Vollendung der Inneneinrichtung wie die reichgeschmückte Rokokokanzel, die ausdrucksvollen Apostelfiguren, die Kalvarienberggruppe gegenüber der Kanzel sowie eine Orgel (Fl. 400,–) erforderten aber noch umfangreiche Geldmittel. Infolge des Krieges gegen Preußen () fehlte es aber an zusätzlicher öffentlicher Unterstützung, und so musste Pfarrer Eder einen Großteil des Privat- und Familienvermögens opfern. Für den außergewöhnlichen Einsatz von Dechant Eder beim Kirchenbau spricht auch, dass die auswärtigen Handwerker im Pfarrhof freie Kost und Quartier erhielten.

Eine Aufstellung wichtiger Ausgaben soll und Einblick in dieses gewaltige Vorhaben gewähren:

1 Fl. = 1 Gulden = 60 kr. (Kreuzer)
1 Pf. (ca. 50 dag) Fleisch kostete 4 kr.
1 Pf. Brot kostete 2 kr.
1 Maß (1,4 ℓ) Wein kostete 6 kr.

Grundnahrungsmittel war Brot mit über 200 kg pro Person und Jahr, da Kartoffeln noch kaum bekannt waren. Im Vergleich dazu ist der gegenwärtige Verbrauch an Getreideerzeugnisse auf unter 70 kg gesunken. Der Weinverbrauch überstieg damals 100 ℓ pro Person im Jahr. Gegenwärtig beträgt der durchschnittliche Weinkonsum in Österreich ca. 35 ℓ pro Person im Jahr.

Die Löhne für die Arbeiter pro Tag:
1Maurer kr.24,–
1Polier kr.42,–
1Ziegeldecker kr.36,–
1Tischler kr.30,–
1Tagwerker kr.12,–
Architekt und Baumeister Gerl Fl.412,–
Zimmermeister für Turm und Fl.515,–
Kirchendach Fl.523,–
Hochaltarbild (Unterberger) Fl.420,–
Steinmetz Fl.860,–
Stuckateur Fl.503,–
Polier- und Maurerarbeiten Fl.1.650,–

Dazu erhielt der Tagwerker ½ Maß Wein (0,7 ℓ) und Brot als Tagesverpflegung.

Eine Fuhre nach Wien kostet 1 Fl. 20 kr..
Das Jahresgehalt eines Pfarrers betrug ca. 400–600 Fl..
1 Eimer Wein brachte dem Produzenten ca. 2 Fl. 12 kr..

Die Entlohnung und Verpflegung der Tagwerker und Arbeiter im 18. Jahrhundert zeigt deutlich die Armug und bescheidene Lebensweise unserer Vorfahren.

Auch der Nachfolger von Dechant Eder, Dr. Ignatius Wurz, war ein tüchtiger Priester. Er ließ den Pfarrhof erbauen, verfasste aber auch – Beweis für seine rege geistige Tätigkeit – ein Predigtbuch.

Die fürsorgliche Regierung von Maria Theresia und Josef Ⅱ. – Einschränkung von Robot, Einführung der Schulpflicht – trug auch zur Mehrung des Wohlstandes ihrer Untertanen bei. Trockenlegung der Teiche und Waldrodungen (Bruch, Neurissen) erweiterten das Ackergebiet beträchtlich. Die Teilung der Lehen, Schaffung von Hofstätten und Häuslerbeseitz ließen auch die Anzahl der Gehöfte in Pirawarth auf 165 ansteigen.

Napoleonische Zeit

Nicht lange konnte sich die Bevölkerung dieses zunehmenden Wohlstandes erfreuen. Die napoleonischen Kriege überzogen auch unser Land und bald wurden die Kirchenglocken eingezogen. Während die Franzosen nach dem Sieg von das Land weitgehend verschonten, übten sie nach der Niederlage von Aspern schreckliche Vergeltung an der Zivilbevölkerung. Die Häuser wurden geplündert, die Keller geleert, die alten Aufzeichnungen im Pfarrhof vernichtet und die vergrabenen Kirchengeräte entdeckt und mitgeschleppt.

Die Kriege führten in Österreich zum Staatsbankrott und schließlich folgte nach eine lang andauernde Inflation, wobei der Preis für den Metzen Korn auf 30 Fl. und der Eimer Wein auf 100 Fl. stieg. Begreiflich, dass Pfarrer Dr. Franz von Gall nur unter großen Mühen neue Glocken beschaffen konnte.

Die Biedermeierzeit

Erst die einsetzende Biedermeierzeit brachte dem Ort in Verbindung mit dem Bad – auch Erzherzogin Sophie, die Mutter Kaiser Franz Josephs, vertraute der Heilkraft unserer Quellen - eine kontinuierliche Aufwärtsentwicklung. Damals haben tüchtige Kurhausbesitzer außerhalb des Ortes von Alleen gesäumte Promenadenwege angelegt.

wurde als Vorbeugung gegen die ständige Hochwassergefahr der Weidenbach in Mühlbach und Altbach geteilt, die bis dahin gefährdete Kirchenmühle verkauft.

Auch im Bereich der Kirche kündigten sich umfangreiche Änderungen an. So erfolgte die Verlegung des Friedhofes vom inneren Kirchhof auf den im Osten anschließenden Hang. Im Inneren der Kirche erfolgte eine Erweiterung des Chores. wurden die Kirchenstühle erneuert und Seitenstühle eingebaut. Auf Antrag des Badbesitzers und mit Unterstützung des Distriktarztes von Gaunersdorf bewilligte die k.k. Behörde die Abtragung der Kirchenmauern bis auf 3 Schuh (ca. 90 cm). Wall und Graben, zum Wehrkirchenbereich gehörig, wurden eingeräumt und der Kurhausbesitzer Gärtner ließ unterhalb der Mauern eine Promenadenallee anlegen. Mit den Kalksandsteinen der Wehrmauer wurden Mauern zur Sicherung der Terrassen seiner Jausenstation „Kaffeeberg“ aufgeführt.

Zur gleichen Zeit konnten die Zugänge zur Kirche von Pirawarth und Kollnbrunn durch großzügige Stiegenanlagen beträchtlich erleichtert werden.

Pirawarth war inzwischen auf 198, Kollnbrunn auf 94 Häuser angewachsen, die Einwohnerzahl von Pirawarth auf fast 1.000 gestiegen, davon 140 Schulkinder. Noch gab es Dreifelderwirtschaft mit Brachland und Gemeindeweide. Die bäuerlichen Anwesen zählten daher neben 75 Pferden, 260 Rindern und nur 180 Schweinen auch 274 Schafe.

Das Zeitalter Kaiser Franz Josephs ()

Die Revolution von brachte für die Bauern endlich die Befreiung von Abgaben und Dienstleistungen, für die Kirche jedoch beträchtliche finanzielle Einbußen.

Die Bewohner spendeten nun unter Dechant Freystadtler eifrig für eine neue Orgel, obwohl er ihre „übertriebene“ Vorliebe für Musik tadelte. Einzelne großherzige Wohltäter stellten damals auch eine Reihe wertvoller Gemälde wie z. B. Ägyptischer Josef, David, Herz Jesu von Führich, Hl. Theresia, Hl. Leonhard usw. für die Ausschmückung des Kircheninneren zur Verfügung. Eine aufwendige Reparatur von Turm- und Glockenstuhl im Zusammenhang mit der Anschaffung einer großen Glocke erwies sich allerdings als unzureichend und dürfte im Kirchengewölbe große Risse verursacht haben, sodass Schließen eingezogen werden mussten. Diese unsachgemäß durchgeführte Turmreparatur erzwang schließlich eine vollkommene Neuanfertigung des Glockenstuhls. Bei dieser Gelegenheit wurden zum Schutz gegen Witterungseinflüsse die Turmfenster mit Jalousien versehen und der Turmaufgang endlich durch eine Tür abgesichert. Die Glocken kamen vorübergehend im Kirchhof ihrer Verpflichtung nach.

Die Außenrenovierung lag in den Händen von Baumeister Lehrl aus Gaweinstal, der sie / mit gelber Färbelung der Wände abschloss. Im Inneren schuf der Historienmaler Josef Kastner aus Wien die Kreuzwegbilder, für die ihm der Zyklus Josef Führichs in der Ursulinenkirche von Prag als Vorbild diente.

Die Niederlage von Königgrätz hatte nördlich der Donau auch Auswirkungen auf die Bevölkerung: Einquartierung preußischer Truppen verbunden mit Requirierung (Wein und Heu musste abgeliefert werden). Die preußischen Soldaten verhielten sich korrekt und der Herr Pfarrer lobte ihre Offiziere, die im Pfarrhof untergebracht waren, wegen ihrer höflichen Umgangsformen. In der Kirche fanden damals protestantische Gottesdienste statt. Sommerhitze, schlechtes Trinkwasser, ungenügende sanitäre Einrichtungen und die beträchtlichen Menschenansammlungen verursachten wieder einmal eine Choleraepidemie, die 40 Opfer forderte. Cholera und Blattern traten in unregelmäßigen Abständen immer wieder auf, sie trugen mit der Säuglingssterblichkeit wesentlich zu einer hohen Todesrate bei. Epidemieopfer und verstorbene Säuglinge wurden vor ihrer Beerdigung in der Halle des „Pfarrkappels“ eingesegnet.

Das Reichsvolksschulgesetz von verursachte auch in der Kirche organisatorische Umstellungen, war doch der Lehrer nicht mehr zu Mesner- und Organistendiensten verpflichtet. Seine Lehrerentlohnung ging nun von der Gemeinde auf den Staat über.

In den folgenden Jahren bemühte man sich durch ein Traufenpflaster und durch Vorbauten am Süd- und Nordeingang der Kirche Wind und Regen abzuwehren.

Anlässlich des Kaiserregierungsjubiläums von begann unter großem Einsatz der Bevölkerung eine Renovierung von Pfarrhof und Kirche, zumal sich wieder bedrohliche Risse im Kirchengewölbe zeigten. Elisabeth Steingassner, Gattin des Kurhausbesitzers, ließ die Holztreppe in der Beichtkapelle erneuern. Die Statue des Hl. Leopold, bis dahin im Kurhauspark den Unbilden der Witterung ausgesetzt, wurde in der Kirche aufgestellt. Eine von private Seite angeregte Spendenaktion für neue, bemalte Glasfenster ergab über 4.000,– kr.¹, wobei Einzelspenden bis 400,– kr. eingingen. Dieser sichtlich zum Wohlstand führenden Epoche setzte der Beginn des Ersten Weltkrieges ein jähes Ende.

Schon bald mussten die Kirchenglocken aus Bronze, gegen Kriegsende auch die großen Orgelpfeifen aus Zinn für militärische Zwecke abgeliefert werden.

¹) Umstellung von Gulden auf Kronenwährung und Dezimalsystem. 2 Kronen = 1 Gulden, 1 Krone = 100 Kreuzer.

Die Republik

Die Zerschlagung des wirtschaftlichen Großraumes und die vielen Kriegsopfer trafen den aufstrebenden Kurort besonders schwer. Trotzdem gelang es wieder neue Glocken in der Größenordnung von 1.184 kg, 560 kg, 360 kg und 22 kg anzuschaffen. wurde in Zusammenarbeit der beiden Gemeinden die Kirche an das elektrische Licht angeschlossen und die Stromkosten im Verhältnis 2:1 von den Gemeinden getragen. Im Bereich der Stiegenaufgänge und des Promenadenweges wurden Nadel- und Laubgehölze angepflanzt.

Das Bundesland Niederösterreich anerkannte als Rechtsnachfolger des Herrscherhauses auch den Fortbestand des Patronates über die Kirche. Es übernahm daher auch die Kosten von öS 26.000,– für die dringend notwendige Erneuerung des Turmhelmes. Die beiden Gemeinden trugen die Hilfsarbeiterleistungen und die Fuhrwerkskosten. Erst erhielt auch der Pfarrhof mit Unterstützung der Gemeinde die elektrische Beleuchtung.

Der Zweite Weltkrieg

folgte der Pirawarther Johann Donner auf Gottfried Bucher als Pfarrer. Seinem Bemühen, dringende Reparaturen durchzuführen, waren aber durch die geänderten politischen Verhältnisse – Anschluss an das nationalsozialistische Deutschland – und dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges enge Grenzen gesetzt. Mit dem nach deutschen Vorbild eingeführten Kirchenbeitrag endete auch das bisher vom Land getragene Patronat über die Pfarrkirche und die entsprechenden finanziellen Unterstützungen. Pfarrer Johann Donner konnte daher nur noch die Risse im Gewölbe verputzen, die Apostelstatuen restaurieren und an der Apsis-Seite eine Dachrinne anbringen lassen, um das Traufenwasser vom Mauerwerk fernzuhalten. Unter ihm erfolgte auch der Durchbruch der Wehrmauer und somit ein bequemer, verkürzter Zugang zum Friedhof. Ebenso wurden im Kirchhof alte Grabsteine freigelegt und vor der Wehrmauer aufgestellt.

Schon fielen die Glocken – mit 2.104 kg die schwersten im „Kreis“ Gänserndorf – wieder dem Krieg zum Opfer. Die zunehmende Not des Krieges lenkte so manchen Schritt „verlorener Söhne und Töchter“ wieder in die Kirche und der Besuch der Sonntagsmessen stieg trotz der vielen Kriegsdienstverpflichteten auf durchschnittlich 740.

Für die große Anzahl von Zwangsarbeitern aus dem Osten gab es eigene Gottesdienste, wobei sich ein griechisch-katholischer Priester als wertvoller Helfer unseres Pfarrers erwies. Gegen Kriegsende hofften manche durch Flucht vor der näher rückenden Front den Gräueln des Krieges zu entrinnen. Das Kriegsende kam für unseren Ort am /. Es begann mit Furcht und Schrecken besonders für Frauen, die oft vergeblich Zuflucht in Kellern und auf Dachböden suchten. Selbst Kirchenbesucherinnen wurden von den Gewalttätigkeiten der russischen Soldateska nicht verschont.

Plünderungen, Verlust des Viehbestandes, von Lebens- und Futtermitteln standen als weitere Kriegsfolgen am Beginn der bedrückenden Besatzungszeit.

Der Wiederaufbau der Zweiten Republik

Gebäudeschäden durch Bomben- bzw. Granateneinschlag blieben im Vergleich zu manchen Nachbarorten Gott sei Dank gering. Im Gefolge der Kriegsereignisse fanden in unserer Gemeinde 35 deutsche Soldaten, 40 Zivilisten und 15 heimatvertriebene Sudetendeutsche ihre letzte Ruhestätte. Dazu kamen 70 russische Soldaten aus der Umgebung.

Kleinere bauliche Kriegsschäden an Kirche und Pfarrhof konnten gegen Naturalien, Quartier und Verpflegung notdürftig ausgebessert werden. Eine Buntmetall- (meist Patronenhülsen) und Geldsammlung erlaubte die Anschaffung neuer Glocken.

erfolgte durch Prälat Jakob Fried die Weihe von 3 Glocken, zu 600 kg und 350 kg für die Kirche und zu 120 kg für Kollnbrunn.

Die Rettung der Kirche

Das verstärkte Auftreten von Rissen in Gewölbe un Mauerwerk, wobei lockerer Verputz und Ziegelbrocken schon Kirchenbesucher gefährdeten, veranlassten den kranken Dechant Donner und Kaplan Brait bei der bischöflichen Finanzkammer um eine gründliche Renovierung anzusuchen. Mithilfe von Bohrungen bis in 20 m Tiefe konnte der Wechsel Tegel und Sand im Untergrund des Kirchenhügels genau erfasst werden. Pfarrer Brait (ab ) gelang es allen Bedenken zum Trotz, die Demolierung des Hauses zu verhindern und begann die Baufirma Jacob mit dem Sanierungsprojekt. Das ungleich tiefe Fundament mit nur 1 bis 2 m tiefen Grundmauern, Hauptursache der Setzungen, wurde mit Eisenarmierung durchwegs auf 4 m vertieft und 3,50 m verbreitert. Im Sockel und unterhalb des Gesimses wurden Eisenbetonringe angebracht und durch senkrechte Eisenbetonriegel miteinander verbunden. Dieses „Eisenbetonkorsett“ hält seither den Baukörper der Kirche fest umklammert.

Bei diesen Grabungsarbeiten entdeckte man die runden Abschlussmauern einer Apsis, womit feststand, dass die alte Kirche nur bis zur heutigen Kommunionbank reichte. Während die Sakristei vollkommen abgetragen und neu aufgebaut wurde, begnügte man sich in der Betkammer mit der Anbringung eines Betonrostes über der Decke und einem neuen Dach. Dachrinnen und ein Traufenpflaster aus Beton sollten die Grundmauern vor Feuchtigkeit schützen. Gewölbeschäden wurden ausgebessert, verkeilt und mit Spezialgeflecht unter Verputz wieder verschlossen. Die Vorbauten an den Längsseiten wurden abgetragen, der Nordeingang dabei zugemauert. An ihrer Stelle gewähren jetzt Windfänge an den Haupteingängen Schutz vor dem Winterstürmen. Im Laufe der Verputzarbeiten wurden die elektrischen Leitungen erneuert und Vorbereitungen für Turmbeleuchtung und elektrisches Geläute getroffen. Die Färbelung der Außenwände erfolgte in „schönbrunnergelb“. Im Kirchenhof wurden Sammel- und Drainagekanäle verlegt, die das Wasser der Dachrinnen un das Oberflächenwasser vom Kirchenhügel ableiten und so zur Sanierung des Kirchenhofuntergrundes beitragen. Eine hochherzige Spenderin ließ die Kreuzigungsgruppe neben der Sakristei wiederherstellen.

Anschließend erfolgte die Restaurierung des Kirchenschiffes, wobei Scheinarchitektur, im Bereich der Gewölbe und Gurten aufgebracht, die Raumwirkung verstärkt.

An Kanzel und Kalvarienberg wurden Schadstellen im Kunstmarmor beseitigt und, wie im Bereich der Altäre, durch lichte Farbgebung der Eindruck des Innenraumes bedeutend erhellt. Mit der Auffrischung der Altarblätter und der Inbetriebnahme des elektrischen Geläutes fand dieses großzügige Sanierungswerk seinen Abschluss. Zum Gelingen dieses gewaltigen Vorhabens haben die beiden Gemeindevertretungen, besonders aber die Spenden der Bevölkerung, entscheidend beigetragen.

In den folgenden Jahren sorgte die Gemeinde unter Dr. Böckl im Rahmen der Dorfverschönerung für die Neugestaltung des Kirchenberges. Lücken in den Wehrmauerresten wurden geschlossen, der Fahrweg um den Kirchenhügel zu einem Promenadenweg mit Asphaltbelag umgestaltet und Ziergehölze gepflanzt.

Einem alten Wunsche der Kollnbrunner Rechnung tragend, erfolgte seit damals die Fronleichnamsprozession auch in ihrem Ort.

Unter Pfarrer Koch konnte das Geläute durch eine große Glocke (ca. 1.300 kg) ergänzt und aus Spenden aus der Bevölkerung ein neuer Glockenstuhl angeschafft werden. Als sich im Bereich der Presbyteriumkuppel (Presbyterium = Chor) erneut Risse zeigten, wurden auf dem Dachboden Schließen eingezogen und damit dieser gefährlichen Entwicklung erfolgreich Einhalt geboten. Auch in der Betkammer, die ja kein gemeinsames Fundament mit der Kirche erhalten hatte, traten wieder Setzungen auf. Betonpfeiler im Untergrund, zur Abstützung der Außenwände und Gurten angebracht, führten jedoch nicht zum erhofften Erfolg.

Gemeinsam mit der Erzdiözese musste die Pfarrgemeinde die Mittel für ein neues Ziegeldach aufbringen. Die folgenden jahre dienten der Vorbereitung und Installation einer Erdgasheizung. Die Unterbringung der Heizanlage machte einen kleinen Anbau an der Nordseite der Kirche erforderlich.

Das Innere der Kirche wurde im Zusammenhang mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil ebenfalls verändert. Ein Volksaltar, dem barocken Charakter des Gotteshauses nachempfunden, fügt sich harmonisch in Raum.

Die sanitären Auflagen bei Sterbefällen und leider auch die zunehmende Zahl von tödlichen Unfällen auf der Brünnerstraße verpflichteten die politische Gemeinde zur Errichtung einer modernen Aufbahrungshalle im neuen Teil des Friedhofes.

In der Zwischenzeit kam es auch zum politischen Zusammenschluss der beiden Gemeinden. Im Jahre konnte dank der außergewöhnlichen Spendenbereitschaft der Pfarrangehörigen eine Generalreparatur unserer wertvollen Erler-Orgel durchgeführt werden.

30 Jahre nach der geglückten Rettung unserer Kirche war, bedingt durch starke Witterungsschäden an der Fassade, eine gründliche Außenrenovierung erforderlich. Das erzbischöfliche Bauamt riet zu einer raschen Entscheidung und sagte finanzielle Unterstützung zu. Wieder erging ein Aufruf des Pfarrgemeinderates an die Bevölkerung, die mit bewundernswertem Opfersinn für die Erhaltung ihrer Kirche eintrat und ein Drittel der voraussichtlichen Kosten (ca. 2 Mio. öS) aufbrachte. Der Gemeinderat unter Bürgermeister Swoboda schloss sich mit der Anschaffung einer neuen Kirchenuhr und einem großzügigen finanziellen Beitrag dem Gesamtvorhaben an. In engem Zusammenwirken von Pfarrgemeinderat, erzbischöflichen Bauamt und Bundesdenkmalamt wurde der Umfang der Bauarbeiten bestimmt, die Aufträge vergeben und die Färbelung für die Fassade im weiß-gelb-Ton ausgewählt.

Die Arbeiten begannen mit der dringend notwendigen Reparatur der Kirchenfenster. Die lockeren Bleirahmen der bemalten Glasscheiben wurden gefestigt und eine Doppelverglasung eingesetzt, um die Glasmelerei zu schützen, aber auch die Wärmedämmung des Kirchenraumes zu erhöhen. Bei der Restaurierung stellte sich heraus, dass die kunstvollen Glasfenster aus derselben Werkstatt stammten, wie die Glasfenster der berühmten Otto Wagner Gedächtniskirche am Steinhof. Im folgenden Jahr wurde das große Vorhaben mit der Renovierung von Turm, Turmkreuz, den Dachrinnen, der großflächigen Erneuerung des Fassadenputzes und der Färbelung in gelb-weiß fortgesetzt. Die tiefen Klüfte im Gewölbe der Betkammer ließen ein Absetzen dieses Teils vom Gesamtbauwerk befürchten. Die Anbringung von Zugschließen soll nun die Verbindung mit dem Kirchenschiff aufrechterhalten, Betonpfeiler im Fundament der Außenfront das Gewölbe abstützen.

Die Mittel für die Restaurierung der künstlerisch wertvollen Kreuzigungsgruppe in der Nische neben der Sakristei übernahm dankenswerterweise das Bundesdenkmalamt.

Die von der Gemeinde vorgesehene Neugestaltung des Kirchenberges soll dazu beitragen, die Wirkung unseres restaurierten Gotteshauses unterstreichen.

Möge der in dieser Arbeit immer wieder aufgezeigt Einsatz der Pfarrgemeinde für ihre Kirche auch in kommenden Generationen Fortsetzung finden.

Pfarrer in Pirawarth

Die Unterlagen bis Ende des Dreißigjährigen Krieges weißen große Lücken auf. Unter den Angeführten findet sich, wie diese Arbeit zeigt, eine Reihe hervorragender Persönlichkeiten.

Dr. Petrus Reicher vor
Seydl um
Paul Schulz vor
Thumschütz ab
Johann Veit Geilwitz ab
Johann Frey nach
Dr. Heinrich Schraeder um
Michael Roos bis
Heinrich Ries
Goswin Fröling
Maximilian Günstl
Joseph Holler von Doblhof
Franz Anton Eder
Dr. Ignatius Wurz
Dr. Franz Edler von Gall
Romuald Einfalt
Georg Freystadtler
Dominikus Sochor
Josef Flager
Johann Jung
Gottfried Bucher
Johann Donner
Ferdinand Brait
Karl Koch
Kurt A. Erdös ab
Leopold Lehner

Die Erler-Orgel in unserer Pfarrkirche

Die Orgel der Pfarrkirche. Das Bild wurde vermutlich von der Fläche über dem Seiteneingang aufgenommen. schwarz-weiß.

Unsere Orgel wurde bei dem Wiener Hoforgelbauer Christoph Erler () um 1.965 Fl. in Auftrag gegeben. wurde sie durch seine Söhne Alois und Ferdinand fertiggestellt.

Das barocke Instrument, das vorher an diesem Platz stand und erst 16 Jahre zuvor von 12 auf 16 Register durch ein Brüstungspositiv erweitert worden war, konnte offensichtlich den Anforderungen nicht mehr gerecht werden. Es wurde um 62 Fl. abgelöst. Mehr ist über diese Orgel nicht bekannt.

Die damals neue Erler-Orgel erhielt noch vor der Fertigstellung als 19. Register einen „Posaunenbass 16'“ im Pedal um 180 Fl., die durch „milde Spenden“ aus der Bevölkerung aufgebracht wurden.

Das Instrument musste in den 130 Jahren seines Bestehens einige Veränderungen über sich ergehen lassen. So wurden die Prospektpfeifen (Prinzipal) aus Zinn für Kriegszwecke abgeliefert. Gleichzeitig ersetzte man die Register „Gemshorn 8'“, „Mixtur 2-fach“ und „Octavbass 4'“ durch „Gamba 8'“, „Salizional 8'“ und „Celobass 8'“ aus minderwertigem Material, das zum Zeitpunkt der Restaurierung () ärger verwurmt war als die originalen Holzpfeifen der anderen Register.

Auch sonst war das Werk in einem Zustand, in dem es längst nicht mehr befriedigen konnte. Die Lager der Mechanik waren stark ausgeschlagen, manche Teile waren vorm Holzwurm so zerfressen, dass man sie wie einen Schwamm zusammendrücken konnte. Von den 19 Registern waren 6 unspielbar, da die Pfeifen nicht mehr ansprachen oder so stark verstimmt waren, dass es auch einem musikalisch nicht versierten Zuhörer auffiel. Der Holzwurm war der einzige, der an dem Instrument Freude hatte. Dass etwas geschehen musste, war offensichtlich.

Am besuchten Studenten des „Orgelwissenschaftlichen Praktikums“ am Institut für organologische Forschung und Dokumentation der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien unter Leitung von Prof. Dr. Karl Schütz und Dr. Otto Biba die Orgel. Mit Unterstützung der beiden Wissenschaftler konnte der Pfarrgemeinderat von der Notwendigkeit und vom Sinn einer Restaurierung überzeugt werden.

Am untersuchte Dr. Schütz gemeinsam mit Prof. Frank und L. Lehner das Orgelwerk und erstellte eine Bestandsaufnahme sowie eine Ausschreibung. Ein Jahr später wurde der Restaurierungsvertrag mit der Orgelbaufirma Rieger (Schwarzach, Vorarlberg) unterschrieben.

Im wurde das Werk abgebaut, nach Vorarlberg gebracht und dort restauriert. Die fehlenden Stimmen wurden rekonstruiert und ergänzt. Unsere Orgel enthält heute wieder 1.032 Pfeifen. Glücklicherweise hatte Erler alle Pfeifen genau beschriftet, sodass das Abnehmen der Mensuren erleichtert wurde. Die größten Pfeifen aller originalen Register enthielten noch zusätzliche Hinweise: „Octav 4', Pyrawarth bei Gaunersdorf.“ und „Quit 3', das Rindfleisch kostet 14 kr. Münz.“ Im konnte das Werk wieder in der Pfarrkirche aufgebaut werden.

Am wurde das Instrument von Bischof Moser geweiht und von Karl Schütz aus der Taufe gehoben. Im Rahmen dreier Orgelfesttage konnte sich die Königin der Instrumente voll entfalten (Mozart – Orgelsolomesse in C KV 259; Bruckner – Tota pulchra; Händel – Orgelkonzert Nr. 6 in B mit Hermann Adler). Ein Orgelvortrag mit weihnachtlichen Werken (Franz Haselböck) beschloss die Festtage. Seither wurde immer wieder Werke bedeutender Meister aufgeführt. Unser ambitionierter Chor bemüht sich, jährlich mindestens einmal ein größeres Opus zu erarbeiten.

Die Kosten der Restaurierung betrugen öS 850.000,–, wobei noch die Ausgaben für Übernachtung und Verpflegung der Orgelbauer, Elektroinstallationen, Tischlerarbeiten (Podium), Färbelung, Maurerarbeiten (Gesimse) hinzukommen – insgesamt fast 1.000.000 Schilling. Dieser Betrag wurde zu 75 % von der opferbereiten Bevölkerung (500 Haushalte) aufgebracht.

Möge unsere Orgel wieder für viele Jahrzehnte in ihrem alten Glanz dem liturgischen Gebrauch zur Verfügung stehen, zur Freude der Zuhörer und zur Ehre Gottes.

Der Spieltisch der Orgel in der Pfarrkirche. Auf einer Plakette ist folgendes zu lesen: „ALOIS ERLER – ORGELBAUER – FECIT 1851“. schwarz-weiß.
DispositionHauptwerk: C chrom – f3 (54 Töne)
Bordun16'
Principal8'
Gemshorn8'
Octav4'
Viola4'
Quinta3'
Octav2'
Mixtur 4-fach
Brüstungspositiv: C chrom – f3 (54 Töne)
Coppel8'
Principal4'
Flöt4'
Octav2'
Mixtur 2-fach
Harmonica (im Spieltisch)
Pedal: C chrom – h0 (12 Töne/24 Tasten)
Subbass16'
Principal8'
Octavbass8'
Octavbass4'
Posaunenbass16'
Manualkoppel

Der Pfarrgemeinderat möchte sich auf diesem Wege für alle großzügigen Spenden zugunsten der Kirchenrenovierung bedanken.

Namentlich seien angeführt:
Ernst DUNKLER Bad Pirawarth17
Pauline ANDRE Bad Pirawarth47
Leopold STROBL Bad Pirawarth62
GR Hw. Kurt ERDÖS Bad Pirawarth93
Margarethe BOGNER Bad Pirawarth221
Theresia DEGN Bad Pirawarth318
Hofrat Dr. Josef BÖCKL Bad Pirawarth320
Ing. Gerhard LAHOFER Bad Pirawarth340
MedR. Dr. Karl AULINGER Bad Pirawarth356
Leopold STROBL Bad Pirawarth364
Ludwig STROBL Kollnbrunn7
Josef KAUFMANN Kollnbrunn8
KommR Josef PURKHAUSER Kollnbrunn45
Rudolf PARTH Kollnbrunn70
† Aloisia NEUSTIFTER Kollnbrunn95
Karl MUTHENTHALER Kollnbrunn107
Ludwig PUTZ Kollnbrunn131
Gerhard SWOBODA Kollnbrunn148
Ing. Franz NEUSTIFTER Kollnbrunn150
Leopold LEHNER Kollnbrunn151
Begräbnis † Reinhold LEHNERKollnbrunn151
Mag. Johann SCHMID WIEN
Marktgemeinde Bad Pirawarth
Feuerwehren Pirawarth, Kollnbrunn
Sparkasse Marchfeld Gänserndorf–Matzen–Pirawarth

Natürlich sei auch für alle übrigen größeren und kleineren Spenden gedankt, vor allem aber für die Opfer und Gebete um ein gutes Gelingen unseres Vorhabens.

Weitere Einzahlungen zur Deckung der Schulden können auf das Konto der Raika Pirawarth (BLZ 32318), Kto. Nr. 204.503 überwiesen werden.


Die Kreuzigungsgruppe an der Außenfront der Pfarrkirche.